Ich heiße Anke Ulrich, geboren 1980 und aufgewachsen in Chemnitz (zunächst noch Karl-Marx-Stadt ;-) ). Nach meiner Lehre zum Pferdewirt Zucht und Haltung im Landgestüt Celle war ich als Reitlehrer bei der Reitergruppe der Sportfreunde Isingen e.V. und dem Folgeverein Reitverein Oberes Schlichemtal e.V. tätig. Währenddessen legte ich meine Prüfungen zum Trainer C Leistungssport und Trainer B Breitensport ab und absolvierte Weiterbildungen zum Trainer Bodenarbeit und Kinderreitunterricht. Außerdem bestand ich meine Prüfung zum Pferdewirtschaftsmeister.
Als wissbegieriges Kind waren Bücher meine große Leidenschaft, und so bekam ich noch vor der Schule ein wundervolles Buch meiner Mutter in die Hände: "Reseda, die Stute aus Graditz". Es war die Geschichte eines Pferdes von der Geburt bis zum ersten Rennen und enthielt wunderschöne Schwarz-Weiß-Fotografien. Ich war auf der Stelle mit dem Pferdevirus infiziert. Seit ich in der zweiten Klasse erfahren habe, dass es Tierpfleger speziell für Pferde gibt, war für mich klar, was ich einmal werden wollte, wenn ich groß bin: Pferdewirt! Als Großstadtkind mit wenig Tierkontakt las ich jedes Pferdebuch, was ich in die Hand bekam und sammelte so schon ein umfangreiches Wissen, bevor ich das erste Mal Reitunterricht hatte.
Mit 12 Jahren durfte ich endlich einmal in der Woche zum Reitunterricht. Das war auf einem kleinen Schaubauernhof auf zwei Haflingern; wir hatten nur einen kleinen Reitplatz, der im Frühjahr und Herbst unter Wasser stand und im Winter gefroren war. Da wir so nicht reiten konnten, machten wir viel Theorieunterricht, was meiner Bücherleidenschaft sehr entgegen kam. Das machte mir Spaß, im Gegensatz zum Reitunterricht selbst - es wurde gebrüllt, geschimpft und nichts erklärt. Frustriert beschloss ich, dass das auch besser gehen musste, und mein neuer Berufswunsch stand fest: Ich werde Reitlehrer!
mein erstes Schulpferd
Nach drei Jahren hatte ich genug und wechselte den Reitstall. Endlich große Pferde, eine Reithalle und ein Außenplatz, der Galopp zuließ - das fehlte nämlich in meiner bisherigen Reit"ausbildung" völlig. Ich wurde also auf eines dieser tollen großen Tiere gesetzt und von einem Mädchen aus meiner Parallelklasse "unterrichtet". Ich sollte ständig links und rechts im Maul des Pferdes ziehen, damit dieses endlich den Hals so schön bog wie die Turnierpferde, die auch in diesem Stall standen - aber das funktionierte nicht. Auf meine schüchterne Anfrage,
an die Longe genommen zu werden, um endlich galoppieren zu lernen, wurde mir gesagt, dass ich das doch nicht bräuchte, das würde ich auch so lernen (galoppieren durften wir Reitschüler nämlich auch in diesem Reitstall nicht - zu gefährlich!). Also hieß es plötzlich mitten im Unterricht, alle sollten mal Schritt reiten, und ich sollte angaloppieren. Wie ich das machen sollte, wurde nicht erklärt. Ich bemühte mich also nach Kräften, mein Pferd sauste im Trab los, fiel in einen flotten Galopp - und ich runter. Danach ließ man mich lieber nicht mehr galoppieren. Mein einziger Lichtblick in diesem Stall war mein erstes Pflegepferd, ein Araberhengst. Da ich aber vom Umgang mit Pferden herzlich wenig Ahnung hatte, war auch das nicht gerade eine gute Kombination, und so kam es öfter mal zu brenzligen Situationen.
Ich wechselte also wieder den Stall. Dort erklärte ich der Besitzerin, dass ich selber auch mal Reitlehrer werden möchte. Auch hier sollte ich ohne Vorbereitung in der Gruppe mitgaloppieren, bekam das "Wie?" aber wieder nicht erklärt. Mein Pferd latschte also gemächlich in die Mitte der Halle. Ihr Gebrüll, wenn ich Reitlehrer werden wolle, sollte ich endlich mal anfangen zu reiten, werde ich wohl nie vergessen :-( Nach nur drei Reitstunden wechselte ich erneut.
Im neuen Stall gingen wir viel ausreiten, mit langen Galoppstrecken - zunächst durch die Traktorspuren eines hochgewachsenen Feldes, in dem die Pferde nicht überholen konnten. Endlich konnte ich lernen, mich auf einem galoppierenden Pferd zu halten! Später galoppierten wir auch freie Strecken oder machten sogar Wettrennen, und es klappte! Ich blieb endlich oben. Die Pferde des Hofes waren im Gelände mit Spaß dabei, der Reitplatz dagegen lag ihnen nicht so; da konnte ich froh sein, eine lange Seite Galopp zu reiten, bevor mein Pferd beschloss, doch lieber wieder zu traben. Aber hier hatte ich die schönste Zeit meiner bisherigen Reiterkarriere.
Da ich immer nur eine Reitstunde in der Woche hatte, beschäftigte ich mich den Rest der Zeit mit meinen Büchern und Zeitschriften. Schon sehr früh stieß ich dabei auf "alternative" Methoden und Trainer, die heutzutage überall bekannt sind: Monty Roberts, Linda Tellington-Jones oder auch die Spanische Reitweise. Statt Turnierreiten interessierte mich korrekte Hufbearbeitung, statt Bahnfiguren zu üben las ich lieber über Bodenarbeit (damals etwas völlig Neues!).
Nach meinem Abitur machte ich dann für ein Jahr ein Praktikum auf einem Freizeitreiterhof. Hier konnte ich endlich alles das live Erlernen, was ich bisher nur aus Büchern kannte: Bodenarbeit und Massage nach Linda Tellington-Jones, Longieren und Reiten nach französischer Hirtentradition, und zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich mich den ganzen Tag um Pferde kümmern: Misten, Füttern, auf die Koppel bringen... Ich lernte tatsächlich erstmals, wie man richtig mit einem Pferd umgeht - nach 7 Jahren Reiterfahrung! Ich durfte verschiedene Pferde reiten und lernte die Gangart Tölt kennen. Es war ein schönes und lehrreiches Jahr, welches mich noch einmal in meinem Wunsch bestärkte, ein Reitlehrer abseits von Kasernenhofton und Schulpferdedrill zu werden.
Meine Lehre zum Pferdewirt absolvierte ich dann im Landgestüt Celle - damals eine Paradeinstitution für Tradition und militärischen Drill. Aber ich bekam eine sehr gute Grundausbildung rund um das Pferd und schloss die Ausbildung mit Note 1 ab.
Nach meiner Ausbildung bekam ich direkt mein Traumangebot: Mich auf einem Hof in Sachsen-Anhalt mit den Pferden der Hofbesitzerin als Reitlehrerin selbständig zu machen. Ich war hochmotiviert, hatte im Erteilen von Reitunterricht aber keinerlei Erfahrung. Das war nicht weiter schlimm, ich hatte nämlich auch nur 3 Reitschüler in der Woche. Das Ganze ging so gründlich schief, dass ich nie mehr unterrichten wollte. Nach nur drei Monaten war die Sache für mich beendet, und ich zog frustriert wieder bei meinen Eltern ein.
Übers Arbeitsamt bekam ich von der Reitergruppe der Sportfreunde Isingen e.V. das Angebot, als Betriebsleiter tätig zu werden. Meine Aufgabe war die Versorgung der Schul- und Pensionspferde, Reitunterricht würde ich nur vertretungsweise geben müssen. Also startete ich meinen neuen Job gut gelaunt an einem Montag im Februar 2002 - und musste ab da jeden Freitag 3 Stunden Reitunterricht geben, weil die Frau, die das bisher gemacht hatte, nicht mehr kam. Na toll. Ich brachte mir schleunigst selber bei, wie Dreieckszügel bei einem Schulpferd einzuschnallen waren und ließ Abteilung reiten. Dabei brachte ich die Namen der Pferde durcheinander - und ärgerte mich, dass die Reiter auf meine Korrekturen nicht reagierten. Aber es begann mir Spaß zu machen. Der nächste Reitlehrer fiel aus, und ich übernahm auch seine Stunden. Schließlich unterrichtete ich an vier Nachmittagen in der Woche. Da ich mit den Schulpferden durch Misten, Füttern und Koppelgang den ganzen Tag zu tun hatte, gehorchten sie mir auf den kleinsten Fingerzeig. Im Unterricht wurde ich experimentierfreudiger, sehr zur Freude von Schülern und Pferden. Spiele, Ausritte und kleine Sprünge waren ebenso an der Tagesordnung wie das Reiten ohne Sattel. Die Reitschülerzahlen stiegen stetig, und ich bekam die Aufgabe, die Ferienreitkurse des Vereins künftig ebenfalls zu leiten. Schnell entwickelten diese sich zu einem überaus beliebten Angebot mit treuen Stammgästen. Osterkurse waren oft zu Weihnachten bereits ausgebucht.
In dieser Zeit absolvierte ich außerdem Prüfungen zu den Reitabzeichen 5, 4 und 2, meine Ausbildung zum Trainer C Leistungssport und Trainer B Breitensport und die Ausbildung zum Pferdewirtschaftsmeister Zucht und Haltung.
Dann musste der Sportverein, dessen Sparte die Reiter waren, Insolvenz anmelden - mein Reitschultraum drohte zu zerplatzen. Um die treuen und teils schon betagten Schulpferde weiter zu behalten, gründete ich mit Gleichgesinnten einen neuen Verein, den Reit- und Fahrverein Rosenfeld e.V. Nach einem Umzug auf die Reitanlage der Familie Schäfer in Zimmern unter der Burg und die Umbenennung in Reitverein Oberes Schlichemtal e.V. setzte ich den Reitunterricht noch bis Mitte 2020 fort. Dann ging auch das letzte unserer (inzwischen tatsächlich) alten Schulpferde in Rente. Der Reitverein löste sich auf.
Um weiterhin qualifizierten Reitunterricht, vor allem für Jüngere geben zu können, übernahm ich die beiden Ponys Snoopy und Pepi aus dem neueren Schulpferdebestand des Reitvereins Oberes Schlichemtal e.V. und machte mich als Reitlehrerin selbständig - und da(s) bin ich nun!